Ich leide an meinen inneren

Wunden…

  • von Jennnifer

Ich leide an meinen inneren Wunden, die mein Herz durchbohrt hatten an jenem Tag vor 16 Jahren, als ich mich dafür entschied, mein Baby abtreiben zu lassen. Ich war 18 Jahre alt, Single, und hatte gerade mit der Uni begonnen, als ich merkte, daß ich schwanger war. Ängstlich und verwirrt suchte ich bei Gleichaltrigen Rat, beim Kindsvater und in einer Frauenklinik.

Die »Botschaften«, die sie mir vermittelten und der Mangel an Kommunikation mit meiner Familie ließen mich noch verwirrter und ängstlicher werden. Die Klinik und die Gleichaltrigen unterstützten die Entscheidung abzutreiben. Meine Beziehung zum Kindsvater ging gerade in die Brüche, und ich selbst versuchte mich in einem Neustart und einer Neupositionierung an der Uni.

In Panik vor der Zukunft und dem »wahren Leben«, entschied ich mich dafür, die Schwangerschaft abzubrechen (so wurde das damals genannt), in der Hoffnung, daß dies meine Notlage beenden würde und ich einfach weiterleben könnte. Ich betrat die Klinik als ein verängstigtes Kind und verließ die Klinik Stunden später, verwundet für den Rest meines Lebens. Da gab es so viele Dinge, über die ich nicht informiert wurde. Besonders die lang anhaltenden emotionalen und geistigen Auswirkungen.

Als ich begriff, was ich getan hatte, griff ich zu Alkohol und Drogen, um den Schmerz zu lindern. Ich wurde depressiv und vergrub mich in meinen akademischen Studien an der Uni. Die unbehandelten emotionalen und geistigen Wunden vervielfachten sich und wuchsen. Schuld, Scham, Schmerz und Reue bildeten ein großes „schwarzes Loch“ in meinem Inneren. Ich versuchte, dieses Loch mit zahlreichen Dingen zu stopfen: Heirat, Kinder, Karriere und Ehrenamt. Die nächsten 16 Jahre fühlte ich mich isoliert, deprimiert und ängstlich. Ich verdammte mich ununterbrochen für das, was ich getan hatte. Ich hatte ewige Strafe »verdient« und suchte mir nur Beziehungen aus, in denen ich mißbraucht wurde, da ich dachte, Liebe, Ehre und Respekt nicht verdient zu haben. (…)

Der Schmerz in mir wurde untragbar – nur einige Wenige wussten davon – diejenigen, die diese Entscheidung befürwortet hatten. Es war mein verborgenes Geheimnis. Wem konnte ich es sagen? Was würde man mir antworten? Wer könnte diesen Schmerz verstehen oder mir helfen, damit fertig zu werden?

Ich fühlte mich einsam, gleichzeitig wußte ich, daß ich etwas unternehmen mußte. Diese Wunde beeinflußte alle meine Beziehungen – die Beziehung zu mir selbst, zu Gott und zu den anderen. Meine Selbstverdammung führte mich an den Rand des Selbstmordes. Ich besuchte die heilige Messe mit meiner Familie, fühlte mich aber niemals würdig, dort zu sein, wegen der schweren Schuld und der Scham.

Es gibt Hoffnung… Einmal blätterte ich in einer Zeitschrift und meine Augen blieben bei einer kleinen Werbung hängen. Es war von einer Organisation namens Rachels-Weinberg®.[1] Ich las es und wurde mit Hoffnung und Freude erfüllt. Es war Hilfe für die von Abtreibung Verwundeten. Ich brauchte Wochen, um den Mut zu fassen, den Hörer in die Hand zu nehmen und anzurufen. Ich danke Gott ständig für Rachels-Weinberg®, denn mein Leben war danach nie mehr wie vorher. (…)

Mit der Hilfe einiger wunderbarer Priester und einiger Frauen, deren Abtreibungswunden ausgeheilt waren, trat ich meine Reise zurück zu Gott an. Es war keine einfache Reise. Der Lohn, nämlich der Friede der Seele und des Herzens durch Gottes Gnade und Barmherzigkeit, und eine erneuerte Beziehung zu IHM haben alle Schmerzen dieser Reise aufgewogen.

Reise in Richtung Vergebung… Die Reise beinhaltete: Namensgebung für mein Kind und Aufbau einer geistigen Beziehung zu meinem Kind, das jetzt in den Armen des Herrn ist; mich mir selbst zu stellen und all jenen, die in die Abtreibung verwickelt waren, Aufarbeitung von Wut und Bitterkeit, Vergebung für mich selbst und die Anderen. Ich stellte meine Beziehung zu Gott wieder her, indem ich Seine unendliche Liebe und Barmherzigkeit für mich fühlen und annehmen durfte. (—)

Ich habe dieses Lebenskapitel gewissermaßen abgeschlossen durch das Sakrament der Versöhnung, eine Gedächtnisfeier für die Babies und die Feier der heiligen Messe für ihre verstorbenen Seelen. Ich werde den Schmerz noch hie und da spüren für den Rest meines Lebens, aber dieses schwere Gewicht, das auf meinen Schultern lastete, wurde nahezu weggenommen.

Das vollständige Zeugnis kann man nachlesen in folgendem Buch:

Auferstehung.

Frauen und Männer berichten über ihre Heilung nach Abtreibung.

Paperback, 120 Seiten. 10€ (A/D)

ISBN: 978-3-9503846-4-2

Zu bestellen über den Buchhandel oder beim Immaculata-Verlag: office@immaculata.at

 

Grafik: https://pixabay.com/de/photos/gebet-h%C3%A4nde-kirche-licht-2544994/


[1] Eine Rachels Weinberg® Einkehr ist ein Seminar (von Freitagnachmittag bis Sonntagnachmittag), welches Hilfe für Frauen und Männer anbietet, die durch Abtreibung verletzt sind.  Siehe: rachelsweinberg.at